Nach Kriegsgefangenschaft in Meschede gelandet
Er wurde nur 58 Jahre alt, doch sein Schicksal ist exemplarisch für Vertriebene aus Schlesien. Das Stadtarchiv Meschede bekam Dokumente aus dem Nachlass von Friedrich Meißner überreicht. „Die überlieferten Unterlagen zeichnen das Einzelschicksal eines Vertriebenen“, so Stadtarchivar Jannick Stöber. Alleine in Meschede angekommen, getrennt von den wenigen Bekannten und Familie arbeitete er als Hausdiener im Hotel von Korff noch bis zur Invalidenrente, ehe er zwei Jahre später mit gerade 58 Jahren starb.
Die Dokumente belegen einen kurzen biografischen Ausschnitt aus dem Leben von Friedrich Meißner. Er wurde im Jahr 1900 im schlesischen Breslau geboren. Dort kauft und betreibt er ab 1941 ein Friseurgeschäft. Im Nachlass finden sich aus dieser Zeit sehr viele Bilder von Freunden und Verwandten. 26 dieser Fotos sind auf der Rückseite beschriftet und lassen sich in einen Kontext einordnen. Etwa das Doppelte an Bildern ist unbeschriftet.
Für die nächsten 25 Jahre ist in seinen privaten Unterlagen nichts überliefert. Typisch für den Kriegsverlauf wären Feldpostbriefe, Urkunden für Orden aus dem Kriege, Meldungen aus dem Lazarett und ähnliches. Bedenkt man andererseits die Flucht aus Schlesien, verwundert es beinahe, dass es überhaupt überlieferte Dokumente gibt. Fraglich ist, ob der 1900 geborene Mann noch aktiv am Krieg teilnahm. Belege für seinen weiteren Werdegang verdichten sich unmittelbar danach. So kommt Meißner im Juni 1946 aus einer Gefangenschaft frei und ist durch den Krieg, wodurch genau bleibt aber ungewiss, an beiden Beinen gehbehindert.
Kurze Zeit nach seiner Gefangenschaft reist Meißner von Breslau als Ostvertriebener ins weit entfernte Brilon, wo er sich beim Arbeitsamt meldet und registrieren lässt. Ab diesem Zeitpunkt verdichten sich die Quellen, und der biografische Ausschnitt gewinnt an Klarheit. Belegt ist, dass er von 1947 bis 1951 als Hausdiener im Hotel von Korff in Meschede in der Bahnhofstraße arbeitete, wo er ebenfalls wohnte. Zu diesem Zeitpunkt sind seine Freunde und Bekannten, deren Bilder er verwahrte, verstreut. Seine Schwester Frieda etwa lebt im sächsischen Ebersbach, seine Cousine in Leipzig und sein Patenkind Martha in Mönchröden bei Coburg.
In den frühen 1950er Jahren steht Meißner viel in Kontakt mit den Behörden, darunter vor allem der Mescheder Sparkasse sowie dem Wohlfahrtsamt in Meschede. Bei der Sparkasse geht es um die Auszahlung eines Sparbuches, welches er in Breslau gehabt haben soll und bekommt von den ehemals etwa 4.000 Reichsmark etwa 300 DM umgerechnet ausbezahlt. Bei den Ämtern geht es um die Schäden und Verluste am Betriebsvermögen, gemeint ist sein Friseurgeschäft, Vertreibungsschäden, verlustigen Hausrat sowie Kriegsschadenrente. Eine handschriftliche Notiz über einen Lohnzettel lässt vermuten, dass Meißner bis Februar 1955 arbeitete.
Im Sommer 1955 verstirbt seine Schwester in Ebersbach. Seine Cousine aus Leipzig schreibt ihm einen Brief, worin sie ihr Bedauern ausdrückt und hofft, dass er sie bald besuchen kommt. Ein Jahr später erhält er eine Invalidenrente, bei einer Bestellbescheinigung für eine Zeitschrift im selben Jahr gibt er an, als Rentner im Altersheim Meschede zu wohnen. Hier erhält Meißner, das geht aus einem Schreiben der Amtsverwaltung Meschede hervor, 12 DM Taschengeld, welches aufgrund seines Lebensversicherungsbeitrages auf 15 DM erhöht wird.
Um sich nebenher noch Geld zu verdienen, half er wieder beim Hotel von Korff zu Weihnachten und Neujahr aus, worüber er seinem Patenkind berichtet. Diese antwortet darauf in einem Brief, er habe „also wieder ausgeholfen. […] Der andere Hausdiener hat sich bestimmt wegen der bevorstehenden vielen Arbeit […] gedrückt und du bist als Notnagel immer gut.“ Es war der letzte persönliche Brief, der erhalten ist, verfasst im März 1957. Friedrich Meißner verstirbt im Mescheder Altersheim im Mai 1958 ohne Angehörige.